Montag, 11. März 2013

Hongkong zum Dritten

Der lange Abend auf dem Victoria Peak ließ mich an meinem dritten Tag in Hongkong etwas länger in den Federn verweilen. Als ich mich schließlich auf den Weg zum taoistischen Wong Tai Sin-Tempel machte, ging der Vormittag bereits dem Ende entgegen. Ich kam dort gerade noch rechtzeitig vor dem großen Besucheransturm an, wie ich später feststellte. Obwohl erst 1921 erbaut, ist der Wong Tai Sin-Tempel heute der bekannteste Tempel Hongkongs und vielen Chinesen ein Begriff. Viele Besucher kommen hierhin, um Räucherstäbchen anzuzünden, vor dem Altar zu beten und Wahrsager die Zukunft vorhersagen zu lassen. Besonders beliebt ist der Tempel zum chinesischen Neujahrsfest – und dieses lag bei meinem Aufenthalt in Hongkong gerade erst zwei Wochen zurück. Viele Nachzügler nutzten also den freien Sonntag, um zum Tempel zu pilgern, und ich befand mich mittendrin.


Vor dem Wong Tai Sin-Tempel

Nahezu alle Besucher kauften eine Handvoll Räucherstäbchen und entzündeten diese vor dem Tempeleingang. Die glühenden und qualmenden Stäbchen mit einer Hand gen Himmel haltend, wurde dann auf den schmalen Tempeleingang zugedrängelt. Für Menschen mit Platzangst war das definitiv nicht der richtige Ort. Ich versuchte, weder brennende Stäbchen noch herunterfallende Asche abzubekommen und schob mich langsam durch den Innenhof des Tempels, in dem es von Pilgern nur so wimmelte. Die Atmosphäre und die Pracht waren beeindruckend! Je näher wir dem Hauptaltar kamen, desto heftiger wurde das Gedränge, so dass mir schließlich nichts anderes übrigblieb, als einfach nur dem Menschenstrom zu folgen und dem Ausgang entgegenzustreben. Selbst das Sicherheitspersonal wurde kurzzeitig etwas nervös, angesichts der schubsenden und drängelnden Massen. Am Ausgang sah ich, dass die Schlange der draußen Wartenden, die eine halbe Stunde zuvor noch übersichtlich gewesen war, mittlerweile merklich angeschwollen war.


Naserubbeln bringt Glück!


Das Tempelinnere


Während immer mehr Menschen dem Tempel entgegenstrebten, warf ich einen Blick in den Reiseführer und machte mich dann auf zum Chi Lin-Nonnenkloster, das nur wenige U-Bahn-Stationen entfernt lag. Das buddhistische Kloster, das ausschließlich aus Holz und ohne die Verwendung von Nägeln erbaut wurde und damit die weltgrößte Holzstruktur darstellt, war weit weniger besucht als der Wong Tai Sin-Tempel. Ich konnte also einen entspannten Spaziergang durch den hübschen Garten machen und einen Blick auf die unzähligen Buddha-Statuen werfen. Welch beruhigende Wirkung von diesem Ort mitten in der Stadt ausging!


Das Chi Lin-Nonnenkloster

Mein nächstes Ziel an diesem Tag waren einige traditionelle chinesische Straßenzüge in Kowloon, wo sich seit jeher die Marktleute niedergelassen haben. Ich schlenderte also an den Verschlägen und Läden vorbei, wo selbst an diesem Sonntag einiges los war. In einer Straße wurden Vögel verkauft, die ziemlich hoffnungslos in ihren Käfigen vor sich hin zwitscherten. In einer anderen Straße gab es Blumen, in einer dritten Goldfische. Schließlich trödelte ich an bunten Marktständen vorbei, wo ein ähnlich gemischtes Angebot zu finden war wie auf dem Nachtmarkt zwei Tage zuvor. Hier konnte nach Belieben verglichen und gefeilscht werden – und viele Marktbesucher ließen sich das nicht zweimal sagen.


Wollen Vogel kaufen?


Wir wollen hier raus!


Auf dem Blumenmarkt


Noch mehr Blumen


Goldfische zu verkaufen!



Straßenmarkt

Ich suchte mir aber zunächst einmal etwas zu essen und machte etwas Pause, bevor ich zum Hongkonger Museum für Geschichte aufbrach. Unterteilt in insgesamt acht Abschnitte entführt das Museum seine Besucher in die Vergangenheit der Stadt und liefert auf eindrucksvolle und kreative Weise unzählige Einblicke in die Entwicklung der Stadt und das Leben ihrer Bewohner. Mir blieb nicht viel Zeit bis zum Schließen des Museums – angesichts der Größe könnte man hier beispielsweise bei Regenwetter bequem einen ganzen Tag verbringen, ohne dass es langweilig würde. Ich setzte also Schwerpunkte und schaute mich in jenen Abschnitten etwas genauer um, in denen es um die Kolonialgeschichte und die Kriege um Hongkong ging. Schließlich schallte eine unüberhörbare Stimme durch die Säle und forderte die noch verbliebenen Besucher zum Gehen auf. Mit vielen Eindrücken bepackt stolperte ich also hinaus in den Hongkonger Abend.




Mein letzter Spaziergang führte mich noch einmal hinunter zur Hafenpromenade, wo einmal mehr die Lasershow den Himmel und die Skyline beleuchtete. Der Wind blies lau vom Wasser her. Ich bewunderte den Walk of Fame, der den unzähligen Helden aus lokalen Filmproduktionen gewidmet war. Jackie Chan war mit einer Statue gar ein besonderes Denkmal gesetzt worden.


Hongkong ist auch die Stadt der Filme...


...mit denen Jackie Chan berühmt wurde


Abschiedsfoto

Damit verging auch mein letzter Abend in Hongkong. Mit der ersten Maschine flog ich am kommenden Morgen zurück nach Seoul, wo mich anstatt der zwanzig Grad wieder null Grad erwarteten. Hongkong war dennoch ein schöner Ausblick auf den Frühling – und ich erlebte es als eine Stadt, die für mehr gut ist als einen dreitägigen Kurzausflug. Hongkong hat für jeden etwas zu bieten – egal, ob einem der Sinn nach Natur, Kultur oder Kommerz steht.

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