Freitag, 23. November 2012

Changdeokgung und Bukchon

Im Reigen der Seouler Königspaläste hatte ich bisher Changdeokgung ausgelassen, jenen Palast, der 1405 erbaut wurde und für insgesamt 270 Jahre der Sitz der Herrscher der Joseon-Dynastie war. Diesen lange aufgeschobenen Besuch holte ich am vergangenen Wochenende nach – und es sollte sich lohnen.

Die Besonderheit fällt dem Besucher schon nach wenigen Schritten ins Auge: im Gegensatz zu allen anderen Palästen ist Changdeokgung nicht stur axial ausgerichtet, sondern fügt sich in die natürlichen Gegebenheiten des Geländes ein. Hügel und Senken wurden geschickt in die Gestaltung mit einbezogen, so dass der Palast insgesamt abwechslungsreicher und verspielter wirkt. Zusammen mit der historischen Bedeutung hat dies dazu geführt, dass Changdeokgung in die Liste der Weltkulturerbestätten der UNESCO aufgenommen wurde.

Wie schon im Gyeongbokgung sind der Thronsaal, die für öffentliche Zwecke genutzten Räumlichkeiten und die Wohnhäuser für Besucher zugänglich. So spaziere ich denn über das Gelände und lasse das Gesamtwerk auf mich wirken.


Die Thronhalle von Changdeokgung



Köngliche Unterküfte...



...mit Deckenmalereien



Der Herbst lässt noch immer seine Farben spielen.



An einer Stelle entdecke ich ein Detail, das mich schon länger beschäftigt hat: die Heizung für eines der Häuser. Man muss wissen, dass es in Korea – obwohl südlicher als Neapel gelegen – im Winter sehr kalt wird, wenn die Ostwinde vom asiatischen Festland herüberwehen. So sinkt die Durchschnittstemperatur im Januar regelmäßig unter den Gefrierpunkt und auch in Dezember und Februar ist es empfindlich kalt. Angesichts dieser klimatischen Gegebenheiten ist ein ausgeklügeltes und effizientes Heizungssystem unbedingt erforderlich, gerade in den filigran gebauten, großen Gebäuden des Königspalastes. Die Lösung ist so genial wie einfach: Alle Räume verfügen über Fußbodenheizungen, die von außen bestückt werden. Und die dazugehörigen Ofenlöcher waren es denn auch, die ich im Changdeokgung an der Seite eines Hauses entdeckte. Kanäle transportierten die dort erhitzte Luft unter dem Fußboden hindurch, bevor die Abluft letztlich durch den Schornstein entweicht. Weiß man um diese koreanische Art, Räume zu beheizen, erschließt sich auch schnell, warum die Koreaner traditionell auf dem Boden sitzen und dort schlafen – es ist einfach angenehm warm. Ich brauche eigentlich nicht mehr zu erwähnen, dass auch meine Wohnung vollständig über den Fußboden beheizt wird. Ein tolles Gefühl!

Nachdem ich meinen Rundgang auf dem Palastgelände beendet habe, mache ich zu Fuß noch einen kurzen Abstecher ins nahe gelegene Stadtviertel Bukchon. Während in den meisten Teilen der Seouler Innenstadt die traditionelle Bebauung riesigen Hochhäusern und Glashäusern weichen musste, gibt es hier noch einige ursprüngliche Straßenzüge. Für Autos ist wenig Platz und so kann man recht entspannt durch die Gassen und kleinen Straßen spazieren, die einem einen Eindruck vom früheren Stadtbild in Seoul vermitteln. In Bukchon hat sich in den vergangenen Jahren eine ganz eigene Szene entwickelt, die sicherlich auch ein bisschen darauf zurückzuführen ist, dass hier häufiger mal zahlungskräftige Touristen anzutreffen sind. So gibt es viele Schmuck- und Kunst-Ateliers, kleine Läden mit handgefertigten Taschen oder selbst entworfener Kleidung, winzige Kaffeeröstereien und Guesthouses. Ich habe meinen Spaß daran, mich einfach treiben zu lassen, durch das Viertel zu bummeln und etwas Abstand vom Großstadttrubel zu gewinnen.


Bukchon: traditionelle koreanische Bebauung in der Innenstadt Seouls



Anbau von Kohl auf einer kleinen Terasse - mitten in der Stadt



Kleine Läden laden zum Bummeln ein

In einer Seitenstraße erlebe ich dann auch, wovon ich bisher nur gelesen habe: Drei verschüchterte Teenager kommen auf mich zu und sprechen mich auf Englisch an. Sie berichten, dass sie einen Sprachkurs belegen und dass ihr Lehrer sie losgeschickt hätte, um das Gelernte auf der Straße in die Praxis umzusetzen. Sehr mutig! Wir tauschen ein paar nette Sätze aus, bevor sie darum bitten, ein Foto mit mir machen zu dürfen. Nach ungefähr zwei Minuten ziehen die drei zufrieden weiter; im Gepäck ihr Bild mit mir, das sie dem Lehrer als Trophäe vorzeigen können.

Da die Sonne sich langsam dem Horizont entgegen bewegt und es empfindlich kühl wird, beende ich vorerst meinen Rundgang durch Bukchon. Eins ist allerdings sicher: ich werde bestimmt wiederkommen.

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