Montag, 5. November 2012

Das seltsame Leben des Analphabeten

Elementare Dinge, die einem sonst wie von selbst von der Hand gehen, werden in der neuen Umgebung plötzlich zur Herausforderung. Das merke ich schon nach den ersten Schritten, die ich vor die Tür meiner neuen Bleibe setze. Bargeld? Kein Problem, gibt es am Automaten bei der Bank gegenüber. Nur dass dieser fast ausschließlich mit koreanischen Dialogen aufwartet. Auch als ich mich nach einigen Versuchen erfolgreich durch die Menüs gehangelt habe, bleibt das Geldausgabefach leer. Angeblich ist meine PIN falsch, so die profane Fehlermeldung. Nach zwei Versuchen je Kreditkarte breche ich ab, um nicht gleich am ersten Automaten meine Karten loszuwerden. Auch bei einer zweiten Bank habe ich kein Glück. Am dritten Automaten dann endlich das Erfolgserlebnis: die ersten 100.000 koreanischen Won! Das erste Problem wäre damit gelöst.

Bleibt das Essen. Der Nachmittag ist vorangeschritten, es wird langsam dunkel. In der direkten Umgebung meiner Wohnung gibt es keinen Supermarkt, soviel habe ich bereits in Erfahrung gebracht. Die 7/11-Märkte, die es an jeder Ecke gibt, bieten nur Convenience Food, Getränke und Süßigkeiten. Der nächste Supermarkt, so wird mir glaubhaft versichert, liegt im World Cup Stadium. Auf dem U-Bahn-Plan meines Reiseführers ist unschwer zu erkennen, dass dies nur eine U-Bahn-Station entfernt ist - allerdings müsste ich mich dafür erstmal zur nächsten Station durchschlagen, die nicht gerade um die Ecke gelegen ist. Ich wähle den einfacheren Weg, winke mir ein Taxi heran und wiederhole für den Taxifahrer mehrmals mit verschiedenen Betonungen "World Cup Stadium", bis wir uns einig sind, wo es hingehen soll. Keine drei Minuten später bin ich da, auch fußläufig ist der Weg gut zu bewältigen. Der Supermarkt liegt, wie ich feststelle, zusammen mit einem Einkaufszentrum direkt in dem Stadion, in dem 2002 die deutsche Fußballnationalmannschaft Südkorea im WM-Halbfinale mit 1:0 geschlagen hat. Die meisten Südkoreaner können auch deshalb die Namen Oliver Kahn und Michael Ballack richtig zuordnen.

Mein Interesse gilt aber zunächst vor allem dem Supermarkt, in dem ich nach mehreren Runden auch die wesentlichen Dinge eingesammelt habe, um die nächsten Tage halbwegs zu überstehen. Dabei geht es mir beim Betrachten der Regale genauso wie vorher beim Versuch, Busfahrpläne, Straßenschilder oder Stadtpläne zu lesen: Des Koreanischen nicht mächtig verstehe ich nichts, kann wegen der Schriftzeichen nicht einmal die Buchstaben und Silben entziffern. Im besten Fall helfen noch die Abbildungen auf den Lebensmitteln, der Rest muss unter Zuhilfenahme des Instinkts funktionieren. Am Ende glücklich, zumindest die wichtigsten Lebensmittel bekommen zu haben, mache ich mich zu Fuß auf den Rückweg nach Hause. Thema zwei abgehakt.

2 Kommentare:

  1. Klettern macht Spaß13. November 2012 um 22:54

    Das Problem mit "Ihr pin ist falsch" hatte ich auch in Indien! Da habe ich die Maschiene fast zusammen geschlagen!! Zum glück wie du, habe ich irgendwann ein Automat der RICHTIG funktioniert hat entdeckt!!!! Kommt irgendwann ein post über sachen die du zum essen falsch geschätzt hast (vl. mit foto?) :)

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  2. Hey Sara! Also Essen ist ein Thema für sich...und nicht gerade ein einfaches. Es gibt so viele typische koreanische Spezialitäten, dass ich mir erstmal einen Überblick verschaffen muss, um nicht vorschnell ein Urteil zu fällen. Zwei Dinge kann ich aber schon sagen, nämlich dass (a) bisher alles was ich probiert habe exzellent war und dass (b) die koreanische Küche nicht so scharf ist, wie manchmal behauptet wird. Details folgen :)

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