Freitag, 9. November 2012

Namhansanseong

Während sich der Herbst in Deutschland langsam verabschiedet, ist es in Korea auch Anfang November häufig noch angenehm sonnig bei Temperaturen um 15 Grad. An meinem zweiten Wochenende wühle ich recht lange in den Reiseführern, bevor ich mich endgültig für ein Ausflugsziel entscheide. Es geht nach Namhansanseong, ein Provincial Park südöstlich von Seoul, der im Vergleich zu Bukhansan etwas weniger populär ist - dafür aber auch weniger frequentiert. Wieder kann ich per Metro und Bus anreisen, allerdings gestaltet es sich diesmal etwas schwieriger, die richtigen Verkehrsmittel zu erwischen, weil sich weniger Wanderer auf den Weg Richtung Park gemacht haben. Prompt werde ich beim Wechseln der U-Bahnlinie von einer Koreanerin angesprochen, die mir anbietet, mich bis zur richtigen Bushaltestelle zu begleiten. Da sag ich nicht Nein, das ist ein Service! Weniger entspannt wird die Busfahrt selbst. Der Bus fährt nur alle 20 min, dementsprechend gerammelt voll ist er. Zumindest umfallen kann man so gedrängt stehend nicht mehr. In Serpentinen schleicht der Bus den Berg hinauf, dem Park entgegen. Kurz vor dem Südtor steige ich aus und gehe zu Fuß weiter. Kurz darauf erreiche ich die Festungsmauer aus dem 17. Jahrhundert, nach der der Park benannt ist: Seong bedeutet Burg.


Namhansanseong in der Draufsicht, links unten das Südtor

Mein Plan ist, die 8 km lange, kreisförmig angeordnete Wehranlage einmal zu umrunden. Einst umgab diese Mauer eine in einem Bergkessel gelegene Siedlung und beschützte deren Bewohner vor Eindringlingen aus anderen Landesteilen. Die Siedlung ist nicht mehr erhalten, sondern einem großen Parkplatz mit Restaurants gewichen, aber die Mauer schlängelt sich wie eh und je durch die Berge. Am Südtor startend habe ich die freie Wahl: wandere ich im Uhrzeigersinn oder in der entgegen gesetzten Richtung? Ich entscheide mich kurzerhand für ersteres und mache mich auf den Weg. Ich brauche nur wenige Meter zu gehen, um in den Genuss des traumhaften Panoramas zu kommen, das mich für die nächsten Stunden begleiten wird.



Mal obendrauf, mal auf der einen, mal auf der anderen Seite wandernd folge ich dem Verlauf des Walls durch die Berge. Ich bin nicht der einzige Wanderer, aber im Gegensatz zum Bukhansan verlaufen sich die Massen hier. Immer wieder säumen Tempel den Weg, auch Gebäude, die den Wachposten als Unterkunft dienten, finden sich.


Eine von mehreren Kommandostationen des Schutzwalls


Ein kleiner Tempel in exponierter Lage

Es geht stetig auf und ab. Als ich den nordwestlichsten Punkt erreiche, öffnet sich ein freier Blick auf Seoul. Der südöstliche Teil der Stadt zieht sich bis an den Fuß der Berge, das Zentrum verschwindet halb in der über der Stadt hängenden Dunstglocke.


Seoul reicht bis zum Fuße der Berge


Der Aussichtspunkt bietet einen tollen Blick in alle Richtungen


Ich falle mit meiner mageren Wanderausstattung fast schon negativ auf


Der weitere Weg zeichnet sich bis zum Horizont ab

Ich wende meinen Blick wieder den Bergen zu und ziehe weiter. Die Sonne neigt sich langsam dem Horizont entgegen, als ich den abgelegeneren Teil des Weges erreiche. Hier sind nun nur noch vereinzelt Wanderer unterwegs. Die tief stehende Sonne taucht die Wälder in ein zauberhaftes Licht. Längst habe ich mehr als die Hälfte des Weges hinter mir und komme dem Ausgangspunkt meiner Wanderung, dem Südtor, immer näher.





Nach etwa drei Stunden Wanderung habe ich die Runde geschafft. Ich mache noch einen Abstecher in die im Talkessel gelegene Siedlung, muss aber schnell feststellen, dass ich den attraktiven Teil des Parks bereits gesehen habe. Also zwänge ich mich in den nächsten Bus, der voll beladen ins Tal zurückfährt. Es ist so voll, dass ich eigentlich direkt an der Frontscheibe hänge – nicht der Busfahrer sitzt ganz vorn, sondern ich. Aber auch dieses hautnahe Erlebnis geht vorüber. Voll und ganz beschäftigt mit den vielen Eindrücken steige ich in die U-Bahn, die mich nach Hause fährt.

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